Stephanie Bücker
Stephanie Bücker ist Büropartnerin von MS PLUS Architekten BDA und Mitinitiatorin der Baugruppe KliQ – Kollaborativ leben im Quartier.
10.03.2023
Konzeptvergaben

Ökologisch. Kollaborativ. Urban.

Stephanie Bücker berichtet im Interview über ihre Doppelrolle als Mitinitiatorin der Baugruppe KliQ und Architektin des Projekts.

Frau Bücker, wie kamen Sie zum Oxford-Quartier?

Vor der Bewerbung als Teil der Baugruppe, haben wir uns tatsächlich schon in anderen Projekten mit den Kasernenflächen beschäftigt, die uns für das große Potenzial der beiden Quartiere sensibilisiert haben. Eine besondere Herzensangelegenheit für mich war ein Projekt mit Studierenden der Münster School of Architecture für das York-Quartier, bei dem ein Entwurf für die Nachnutzung der ehemaligen Panzerhalle entstanden ist. In dem Projekt ging es darum, Ideen zu entwickeln, die für den Erhalt des Bestands sprechen – ein Thema, das zum Glück immer stärker in den Fokus rückt. Wir brauchen eine Strategie für die Zukunft, Gebäude, die wir schon haben, umzunutzen, statt abzureißen. Ähnlich bei den Projekten KliQ und OxWood: Auch wenn es sich hier um Neubauten handelt, werden keine neuen Flächen erschlossen und die Bauweise ist ökologisch nachhaltig.
 

Und durch diese Auseinandersetzungen kam die Idee, auch selbst auf dem Gelände wohnen zu wollen?

Schon unabhängig vom Oxford-Quartier haben wir mit drei Familien eine Baugruppe ins Leben gerufen, da alle unabhängig voneinander festgestellt haben, dass es in Münster keine Möglichkeit gibt, zu vernünftigen Preisen Wohneigentum zu erwerben. In Münster haben wir diese Bauform so noch nicht gesehen, wir kannten sie aber aus anderen großen Städten wie Hamburg, Berlin und Köln. Wie das oft so ist, haben wir dann gesagt: Wenn es das nicht gibt, gründen wir es eben selbst! Ursprünglich hatten wir ein anderes Grundstück, ein reines Neubaugebiet, im Auge. Aber als das Baufeld auf der Oxford-Kaserne ausgeschrieben wurde, waren wir alle sofort Feuer und Flamme. Wir alle hatten individuell schon nach Oxford geschielt. Unser Konzept samt Namen hatten wir also schon vorher entwickelt. Wir waren zunächst unsicher, ob wir ins Profil der Ausschreibung passen, aber wir dachten uns: Wenn wir es nicht versuchen, wissen wir es nicht. Als Umsetzungspartner sind wir dann an Herrn Brüggemann herangetreten. Aus diesen Gesprächen heraus ist die Idee entstanden, ein weiteres Konzept auf dem Nachbarbaufeld zu entwickeln.
 

Sind OxWood und KliQ Schwesterbauten?

Grundsätzlich soll jedes Projekt eine gewisse Eigenständigkeit entfalten. Ich glaube aber, weil beide in Holzbauweise konzipiert sind, sichtbare Holzfassaden bekommen und auch beide aus dem Charakter des Ortes entwickelt wurden, haben sie im Endeffekt eine Verwandtschaft.


Wieso haben Sie sich für die Holzmodulbauweise entschieden?

Der grundsätzliche Gedanke beim Modulbau ist, möglichst schnell Wohnraum schaffen zu können und durch die seriellen Raummodule einen hohen Vorfertigungsgrad im Werk zu erreichen. Die Module können schon fast in sich geschlossen auf die Baustelle gebracht und dort schnell montiert werden. Holz als Baumaterial trägt nicht dazu bei, dass immer mehr CO2 in die Atmosphäre abgegeben wird, wohingegen jeder Kubikmeter Beton, den wir verbauen, unseren CO2-Verbrauch in die Höhe treibt. Das ist die Schwierigkeit, der die Baubranche grundsätzlich ausgesetzt ist. Eine andere Dimension der Nachhaltigkeit ist die soziale Nachhaltigkeit. In der Baubranche bedeutet das: leistbarer Wohnraum. Mit dem Modulbau sind mit demselben Konstruktionsprinzip unterschiedlichste Wohnungstypen möglich und auf der Baustelle können viel weniger Fehler passieren. Dadurch wird es für den Investor und damit auch für den Mieter günstiger. Vom Single über das Rentnerpaar bis zur fünfköpfigen Familie können alle die passende Einheit im OxWood-Projekt finden.

KliQ
Die Bewohnenden von KliQ leben den Gemeinschaftsgedanken: Gästeappartements, Coworking-Bereiche sowie Hobby- und Veranstaltungsräume werden gemeinsam genutzt.


Was ist die Idee hinter den beiden Namen?

Die drei Familien, die KliQ ins Leben gerufen haben, haben die gesamte Konzeption gemeinsam entwickelt: Eine Partei macht die Architekturplanung, eine zweite besteht aus Kommunikationsdesignern und ein anderer ist Sprachwissenschaftler. Der Name KliQ ist unabhängig vom Grundstück entstanden, er gibt eher zwei wichtige Leitprinzipien zum Projekt wieder: der Quartiersgedanke und gleichzeitig das Kollaborative. Als wir Architekten das Baufeld für Herrn Brüggemann konzipiert haben, waren es tatsächlich die anderen beiden Teampartner, diejenigen, die die Idee „OxWood“ hatten. Dieser griffige Name hat das Konzept nochmal gestärkt.

Insgesamt haben wir für KliQ sechs Leitgedanken entwickelt: Unter anderem sind dies Zentrumsnähe und Bezahlbarkeit, die Kombination von Wohnen und Arbeiten und die Schaffung von Synergien. Wir haben einerseits viele Gemeinschaftsflächen konzipiert, die es ermöglichen, dann wiederum die individuelle Wohnfläche kompakt zu halten. Andererseits geht es darum, nicht nur Angebote für die Gruppe selbst zu schaffen, sondern auch in die unmittelbare Umgebung, also hier das Oxford-Quartier, zu strahlen. All das steckt im Wort „kollaborativ“.


Wie können diese Synergien aussehen?

Insbesondere im Oxford-Quartier sehen wir vielfältige Verknüpfungsmöglichkeiten in direkter Nachbarschaft: Da ist der Grüne Weiler, der eine gute Vernetzungskultur ermöglichen wird. In unmittelbarer Nähe entstehen das Bürgerhaus und mit dem Simonsplatz der öffentlichste Ort des Quartiers. Und direkt nebenan sind die Mietwohnungen in OxWood: Es wäre schön, sich mit den Familien, die dort wohnen, zusammenzutun – zum Beispiel in einem Yoga-Kurs, der abends im Coworking-Space angeboten wird. Die beiden Baukörper von OxWood flankieren das nördliche Entrée ins Quartier und bilden einen kleinen Vorplatz, der als Einladung ins Quartier zu verstehen ist. Die Modulbauweise erlaubt uns, die Fläche im Erdgeschoss und ersten Obergeschoss flexibel zu gestalten. Kleinere Gewerbebetriebe und Manufakturen können dort ein oder mehrere „Flex-Module“ mieten, zugleich könnten es minimalistische Wohneinheiten sein, beispielsweise für Student:innen oder Personen, die als Pendler nicht permanent in der Stadt leben. Idealerweise sollten Nutzungen angesiedelt sein, die aus sich heraus auf den kleinen Platz ausstrahlen.

 

OxWood
Direkt an der historischen Sandsteinmauer gelegen entstehen mit OxWood familienfreundliche Wohnhäuser in Holzmodulbauweise.

Wie spiegelt sich der Gemeinschaftsgedanke in den Außenbereichen wider?

Unser KliQ-Konzept sieht Freiräume mit unterschiedlichen Qualitäten vor: Ein Baukörper ist so weit von der Mauer abgerückt, dass dort ein eigener Garten entsteht. Dieser „Playtrack“ ist ein geschützter Außenraum, der einen anderen Charakter hat als der offen gestaltete, große zusammenhängende Gemeinschaftsgarten im Südwesten. Kleinere Kinder können dort Bobbycar fahren, größere Tischtennis spielen und ich kann dort morgens mit meinem Kaffee sitzen. So wird eine Vielzahl von Angeboten und Orten geschaffen, an denen sich zufällige Begegnungen ergeben. Für uns sind es weniger die geplanten Treffen als vielmehr das Gespräch, das im Alltäglichen stattfindet, was für Gemeinschaft sorgt. Vor dem Gemeinschaftsraum mit Co-Working wird es einen kleinen platzartigen Außenraum als Gemeinschaftsterrasse geben.


Wir haben gehört, das Oxford-Quartier ist ein Neubaugebiet mit Altbaucharakter. Sehen Sie das auch so?

Für uns sind es die Qualität, Haptik und der ganz eigene Charme dieser gewachsenen Struktur, die das Baufeld so attraktiv machen: Im Gegensatz zu reinen Neubaugebieten, in denen man aus dem eigenen Neubau heraus nur auf andere Neubauten blickt, schmiegen wir uns ein zwischen Mauer, dem großen alten H-Gebäude und der schönen Turnhalle. Wir haben das Glück, dass auf der Mauerseite zur Gievenbecker Reihe eine große Baumallee steht. So haben wir zu einer Seite das Grüne und Weite und zur anderen Seite den starken Rückhalt der Bestandsgebäude. Zu allen Grundstücksseiten gibt es eine gewachsene Einfassung, so dass man direkt ein Quartiersgefühl hat.


Drei Familien machen die Kerngruppe von KliQ aus – wie sind Sie seither gewachsen?

Die Energiekrise hat dazu geführt, dass wir die Einheiten etwas verkleinert, aber dafür mehr Wohneinheiten insgesamt geschaffen haben, um es für jeden Einzelnen leistbarer zu machen. Wir sind inzwischen 22 feste Parteien in der Gruppe, fünf Wohneinheiten sind noch zu vergeben. Wir haben schon eine relativ lange Interessentenliste und lernen uns gerade kennen. Es ist uns enorm wichtig, dass die Parteien nicht nur eine Wohneinheit im Oxford-Quartier suchen, sondern auch eine Identifikation mit der Idee des gemeinschaftlichen Wohnens da ist. Grundsätzlich sind wir immer noch offen, dass sich jemand bei uns meldet – es kann immer sein, dass jemand ausfällt. Wir bauen aber auch gerne bei viel Nachfrage noch ein zweites KliQ-Haus. (lacht)


Wie erleben Sie Ihre Doppelrolle als Architektin und zukünftige Bewohnerin?

Nach einem dreiviertel Jahr in der konkreten Planung kann ich sagen: Es ist eine herausfordernde Rolle. Grundsätzlich treffen wir alle Entscheidungen gemeinsam oder mehrheitlich. Wir als Architekten bereiten aber viele Entscheidungen vor: Wir machen beispielsweise die Abstimmungen mit der Stadt oder Denkmalpflege. In den vergangenen zwei Monaten haben wir uns um die konkrete Verteilung der einzelnen Wohneinheiten gekümmert. Das war ein ziemlich komplexer Prozess, allen zukünftigen Bewohnern eine Einheit zuzuordnen, die auch ihren Wunschvorstellungen entspricht. Innerhalb der Gruppe nennen wir es „das Puzzle“ – es hat diverse Runden und Varianten gebraucht, bis wir am Ende eine Lösung dieses Puzzles gefunden haben, die alle glücklich macht. Da wäre es natürlich einfacher gewesen, als Externer zu sagen: Einigt euch, ich komme in zwei Wochen wieder. (lacht) Ich glaube aber, grundsätzlich profitiert so ein Projekt sehr davon, wenn der Architekt selbst dabei ist. Er bringt eine intrinsische Motivation mit, es gut zu machen. Wenn wir nur Architekten gewesen wären, die einen Auftrag abarbeiten, hätten wir nie so viel Zeit in dieses Projekt stecken können. Bei vielen Baugruppen ist der Architekt auch Teil der Gruppe. So ein Projekt braucht Idealismus.

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